Authentisch leben, echt sein, immer mehr sein Leben so gestalten können, dass es wirklich zu einem passt – das ist der Wunsch, den viele meiner Kundinnen und Kunden haben. Was bedeutet es jedoch authentisch zu leben, wenn man hochsensibel ist?

Wusstest du, dass Hochsensibilität sehr weit verbreitet ist? Man geht davon aus, dass 15 – 20% der Bevölkerung zur Gruppe der hochsensiblen Menschen gehören.

Menschen mit dieser Veranlagung,

  • haben oft den Eindruck, dass sie anders sind, nicht der Norm entsprechen und fragen sich: Was stimmt nicht mit mir?
  • fühlen sich mangelhaft und haben oft ein niedriges Selbstwertgefühl
  • realisieren, dass sie mehr spüren als andere und immer wieder mal von ihren Emotionen überflutet werden.

Hochsensibilität kennt auch Karin Rappo aus ihrem eigenen Leben. Sie war eine meiner ersten Kundinnen, die mein 12-wöchiges Online-Coaching-Gruppenprogramm „Sicherheit in DIR“ gebucht hatte und die ich seither als Supervisorin begleiten darf. Sie hat gelernt, ihre Veranlagung der Hochsensibilität als wertvolles Geschenk zu nutzen, sowohl als Mutter von drei kleinen Kindern als auch als Psychosoziale Beraterin, indem sie hochsensible Frauen begleitet.

Ich freue mich riesig, mit ihr über das Thema Hochsensibilität auszutauschen.

→ Hier kannst du das ungekürzte Interview in Schweizerdeutsch auf Youtube ansehen.

#1: Hochsensibilität – was versteht man unter HSP?

Hochsensibilität beschreibt eine erhöhte Wahrnehmungsfähigkeit. Bei hochsensiblen Menschen funktioniert das Gehirn etwas anders und es kommen mehr Reize ins Bewusstsein. Dadurch müssen diese Menschen mehr verarbeiten. Auf der einen Seite im emotionalen Bereich, weil man im Zwischenmenschlichen mehr wahrnimmt, aber es gibt auch eine sensorische Empfindsamkeit. Z.B. dass man empfindliche Haut hat oder empfindlich auf Licht, Lärm oder Gerüche reagiert. Es geht dabei um das intensive Wahrnehmen und Verarbeiten von äusseren wie inneren Reizen, indem alle Sinne aktiviert werden.

#2: Wie hast du entdeckt, dass du selber hochsensibel bist?

Es war vor einigen Jahren, als ich meine Hochsensibilität bewusst entdeckt habe. Ich hatte damals ein Kleinkind und ein Baby und fand diese Situation vom stetigen Gebrauchtwerden sehr herausfordernd. Damals bin ich auf ein Buch von Brigitte Schorr Hochsensible Mütter gestossen. Das Buch war für mich eine Wohltat, weil ich mich so verstanden gefühlt habe in diesem Buch.

Buch Hochsensible Mütter

Ein Augenöffner für Karin, das Buch für hochsensible Mütter

Zu erfahren, dass es auch andere Menschen gibt, die auch so empfinden wie ich, war für mich sehr entlastend. Entlastend war auch, zu erkennen, dass man lernen kann, mit der Hochsensibilität umzugehen. Vorher hatte ich immer wieder den Eindruck, irgend etwas stimme nicht mit mir oder etwas sei falsch mit mir. Ich merkte, dass ich nicht so belastbar war wie andere und vieles mir sehr schnell nahe ging. Dank diesem Buch konnte ich mich besser verstehen und lernen, auf meine eigenen Bedürfnisse einzugehen und meinem Umfeld zu kommunizieren.

Frau sitzend auf Ledersessel, Blick in die Kamera

Karin Rappo ist bereit für das Interview

#3: Welche Herausforderungen sind dir als hochsensible Person begegnet?

Ich hatte immer ein Gefühl von Defizit und hörte Sprüche wie:

  • Sei nicht so empfindlich!
  • Nimm nicht alles so zu Herzen!
  • Du musst halt lernen, dich besser abzugrenzen!

Als Mutter von drei Kinder, 7, 5 und 3 Jahre, zeigt sich meine sensorische Empfindsamkeit am meisten bei der Lärmempfindlichkeit. Das ist eine grosse Herausforderung. Das Bewusstsein, dass es so ist und andern auch so geht, hilft mir bereits. Auch wenn das für jede Mutter gilt, ist es für hochsensible Mütter besonders wichtig, für eine gute Selbstfürsorge zu sorgen. Ich habe begriffen, dass ich mir etwas Gutes tun darf, z.B. indem ich meinem Herzensthema nachgehen kann.

#4: Welches sind typische Merkmale von HSP und wie kann man damit umgehen?

zwei Frauen auf Ledersessel, sitzen sich gegenüber und schauen in die Kamera

Im Gespräch mit Karin Rappo in meiner Praxis nogler-coaching in Wettswil a. A.

Brigitte Küster (Schorr) führt 4 typische Merkmale auf, die Hochsensible von Nichthochsensiblen unterscheiden.

  1. Schmale Komfortzone
  2. Langes Nachhallen
  3. Überstimulation
  4. Ausgeprägte Wahrnehmungsfähigkeit

Schmale Komfortzone

Komfortzone ist der Bereich, indem es uns wohl ist, wir entspannt sind, die Temperatur und das Licht stimmen. Da geht es uns gut. Bei hochsensiblen Personen ist diese Komfortzone sehr schmal. Viele erleben es so, dass sie ständig austarieren müssen, damit sie nicht aus dieser Komfortzone herausfallen oder schnell wieder zurückkommen. Das kann anstrengend sein, aber es ist wichtig, die Bedürfnisse gut wahrzunehmen und dafür einzustehen. Dann kann man auch besser damit umgehen, wenn es einmal nicht möglich ist, in dieser Komfortzone zu sein.

Langes Nachhallen

Wenn man etwas erlebt, bedeutet „Langes Nachhallen“, dass es einem lange nachgeht und lange beschäftigt. Das ist für viele belastend, gehört aber zur Hochsensibilität dazu. Es ist etwas Typisches. Bei mir zeigt es sich so, dass ich z.B. meinem Mann immer wieder etwas erzähle. Es hilft mir, wenn ich es teilen kann, weil es mich so stark beschäftigt. Das gilt sowohl bei negativen, als auch bei schönen Sachen. Ich kann mich über Kleinigkeiten genau so freuen und diese Freude ist ansteckend.

Überstimulation

Hochsensible Menschen nehmen sehr viel wahr und viele Reize kommen in ihr Bewusstsein. Dadurch gibt es sehr schnell eine Reizüberflutung. Dann wird man fahrig, reagiert gereizt und hat Mühe, bei sich selber zu bleiben. Da gilt es zu lernen, sich wahrzunehmen, ohne es zu bewerten. Im Alltag kann man dann z.B. immer wieder Minipausen einlegen, die einem helfen, von diesem Level herunterzukommen.

Ausgeprägte Wahrnehmungsfähigkeit

Man nimmt sehr viel wahr, das ist einerseits eine Stärke, aber auch eine Herausforderung. Manchmal möchte man gar nicht so viel wahrnehmen. Z.B. wenn man in einem Raum mit mehreren Leuten ist, spürt man schnell heraus, wenn Konflikte im Raum sind. Das kann schon mal überfordern und braucht viel Abgrenzung, um sich zu schützen. Denn nicht alles ist in meiner Verantwortung.

#5: Was hilft, die eigene Hochsensibilität zu bejahen?

Das Ja zu meiner Hochsensibilität war bei mir nicht immer da. Am Anfang, als ich das Buch gelesen hatte, war es auf der einen Seite eine grosse Entlastung, auf der anderen Seite auch eine grosse Niedergeschlagenheit. Ich dachte, wenn ich hochsensibel bin, dann wird mir eh alles zu viel, auch meine Psychosoziale Beratung. Dann bin ich jedoch über die letzten Jahre auf einen Weg gegangen. Es hat mir sicher geholfen, den Fokus nicht nur auf das Anstrengende zu legen, sondern bewusst auch auf den Gewinn der Hochsensibilität zu schauen. Es ist ganz normal, dass Menschen zuerst das Anstrengende wahrnehmen. Ich rate Menschen, dass sie jedoch nicht dort stehen bleiben, sondern sich auf die Suche machen, was die positiven Aspekte sind.

#6: Welches Potential steckt hinter hochsensiblen Menschen?

  • Hochsensible nehmen sehr viel wahr.
  • Sie können gut Nöte von Menschen erkennen.
  • Sie haben Ideen, wie sie die Welt ein Stück weit besser machen können.
  • Sie sind sehr innovativ und kreativ.

Drei Tipps für Hochsensible

Welche Tipps gibst du hochsensiblen Frauen weiter, damit sie authentisch leben können?

  1. Eigne dir Wissen und Informationen an. Dadurch verstehst du dich besser und erkennst Zusammenhänge und das entlastest dich.
  2. Lerne deine Bedürfnisse besser wahrzunehmen und dafür auf eine gute Art und Weise einzustehen. Das ist etwas, was Hochsensible dringend brauchen, aber oft noch nicht so gut können.
  3. Überlege dir, welche positiven und bereichernden Aspekte dir die Hochsensibilität bringt. Richte den Fokus darauf.

Karin, herzlichen Dank für das Gespräch und deine Tipps, um mit seiner Hochsensibilität immer authentischer leben zu können.

Zur Vertiefung

Frau auf Stuhl mit Blick in Kamera

Hochsensibilität ein Thema, das viele Menschen betrifft.

Willst du mehr über das spannende Thema Hochsensibilität erfahren? Hier gebe ich dir zwei Buchtipps:

  1. «Mit allen Sinnen auf Empfang», Hochsensibilität als Gottesgeschenk und Auftrag, von Debora Sommer . In diesem Buch findest du viele Hintergrundinformationen. Zudem laden ihre persönlichen Erfahrungen ein, sich mit sich und seiner Veranlagung bewusst auseinanderzusetzen und sie als wertvolles Geschenk zu nutzen.
  2.  „Hochsensible Mütter von Brigitte Schorr. Hier eine kurze Rezension: Ein Kind zu haben ist für hochsensible Frauen wie eine Fahrt mit der Achterbahn. Eine Flut von Wahrnehmungen und Gefühlen stürzt auf sie ein und bringt sie oft an ihre Grenzen. Dieses Buch bietet praktische Anregungen und Denkanstöße für einen entspannteren Alltag. Sie nehmen alles viel intensiver wahr und haben eine „dünne Haut“. Hochsensible – und das ist fast jeder Fünfte – kommen oft an ihre Grenzen. Besonders Mütter: Ein Kind zu haben, sorgt für eine Flut von Wahrnehmungen und Gefühlen. Die vielen Ratschläge und Meinungen aus dem persönlichen Umfeld sorgen für zusätzlichen Stress. In diesem Buch finden hochsensible Mütter eine Fülle von Denkanstößen und praktischen Anregungen, um den Alltag entspannter gestalten zu können.

Willst du herausfinden, ob du selber hochsensibel bist? Hier habe ich dir ein paar Tests aufgelistet, damit du es besser einschätzen kannst.

 

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